B5 | 1.11 | Ein Wiedersehen mit Folgen (Survivors)

[MacGuffin]

Ich gebe dieser Folge 3 Sterne, obwohl mich weder die Handlung, noch die Darstellung der Lianna Kemmer begeistern (zu holzschnittartig). Aber zwei Dinge machen diese Folge sehenswert:

1. Ivanovas herrliche Art, Major Kemmer wiederholt abzubügeln:

"You are going to resist, I hope."

sowie

Kemmer: "I demand you open a channel to Earth at once."
Ivanova: "I'm a Lieutenant Commander on Earth Force, Major. I don't take demands. If you will request, I will consider it."
Kemmer: "Very well, then. I request that you open a channel to Earthdome."
Ivanova: "Request denied. Have a nice day."

Göttlich


2. Wegen des Blicks in die dunklen Tiefen von Garibaldis Charakter. Ich habe selber jemanden in der Familie, der "trockener Alkoholiker" ist (denn man bleibt sein Leben lang Alkoholiker, selbst wenn man die Sucht überwunden hat) und finde es sehr überzeugend, wie Garibaldis Gratwanderung zwischen Abhängigkeit und Kampf gegen die Sucht dargestellt wird: Ein Alkoholiker überwindet fast nie von allein seine Sucht, er braucht immer Hilfe dabei. Lässt man ihn damit allein, nimmt die Abwärtsspirale kein Ende.
Garibaldi hat es in dieser Episode zwar gerade nochmal so geschafft, weil sein Rückfall nur einmalig war und weil sich kurz daraufhin alles wieder zum Guten gewendet hat. Aber das ist die Ausnahme.

Achtung Spoiler!

Und wir wissen ja, dass er es beim nächsten Rückfall nicht mehr ohne Hilfe packen wird

Hierbei wird eine der absoluten Stärken von Babylon 5 deutlich: Realistische Charakterzeichnung mit Ecken, Kanten, guten und schlechten, vor allem aber menschlichen Seiten, die durchaus tragisch sein können. Keiner der Charaktere in B5 ist wirklich ohne Makel. Und das ist auch gut so

[nevermore]

Ich muss mich der Kritik Cornholios anschließen, ich kann mit der Folge auch nicht sonderlich viel anfangen. Die positive Seite ist, dass man erfährt, welcher Natur Garibaldis vorher (1x04 „Infection“) genannten „unspezifizierten persönlichen Probleme“ sind. Er hat eine Serie mit aufgrund von Fehlern und durch Intrigen anderer gescheiterter Jobs hinter sich, und eine Vergangenheit als Alkoholiker mit entsprechendem Rückfall-Potenzial. Mit der Ankunft von Lianna Kemmers holt ihn die Vergangenheit wieder ein – er wird an den Tod von Liannas Vater erinnert, der durch eine um Garibaldi zentrierende Intrige sowie einen Fehler von Garibaldi ums Leben kam, wofür Michael sich verantwortlich fühlt. Dies erklärt auch, weshalb er sich mit Sinclair so gut versteht – beide haben ihre Baustellen mit dem Phänomen „Survivor’s Guilt“.

In „Survivors“ wird auch erstmals ein besonderes Verhältnis zwischen Garibaldi und Londo angedeutet, das sich durch die weitere Serie zieht. Londos Monolog über „we are both the odd man out“ deutet eine gewisse Verwandtschaft zwischen beiden Charakteren an – beide sind in ihrer Position, nicht weil sie immer dorthin wollten, sondern weil sie irgendwie da gelandet sind, beide passen irgendwie nur halb in ihre Umgebung, und während Garibaldi Alkoholiker ist, hat Londo zumindest die Neigung, seine Probleme in Brevari zu ersäufen. Im Hinblick auf künftige Entwicklungen ist es auch interessant sich zu notieren, wie das Verhältnis zwischen G’Kar und Garibaldi in dieser Episode ist.

Damit hört es aber leider auch schon auf. Kemmers ist wirklich gradezu eine Karikatur, ebenso wie die Auflösung der ganzen Geschichte (wir fallen uns alle um den Hals), der Showdown ist wie bereits erwähnt wurde grottig, und der Umgang mit dem Thema Alkoholismus gradezu sträflich verharmlosend (und für mich ist vor dem Hintergrund von JMS' Familiengeschichte vollkommen unverständlich, wie das auf diese Art auf den TV-Schirm kommen konnte). 2/5.

[tubbacco]

Als Zuschauer glaubt man natürlich keine Sekunde, das Garibaldi der Bombenleger sein soll, aber wenn man den wahren Bösewicht hier das erste Mal sieht und gleich erahnen kann, das er es ist, ist es mit der Spannung vorbei und die Folge plätschert danach einfach vor sich hin.

Einerseits ist es natürlich interessant zu sehen, wie Garibaldi immer weiter abrutscht, aber wirkt es hier doch etwas übertrieben. Mit der Säuferei hätte er auch nochn Tag warten können. Und der Major... naja, das war ja wohl gar nichts, bis auf die MacGuffin angesprochenen Szenen mit Ivanova.

Wenig spannende Füllfolge mit ein bisschen Charakterentwicklung und Hintergrundwissen von Garibaldi.

Wertung: 2,5/5

[cornholio1980]

Was mich vor allen Dingen so stört, ist wie schnell Garibaldi aufgibt, fast kampflos. Irgendwie will das zum bisherigen Wadlbeißer so überhaupt nicht passen. Er ermittelt ja nicht mal richtig! Er befragt Londo, von dem wird er - wenig überraschend - an G'Kar verwiesen, und das wars dann auch schon. Danach setzt er sich lieber in eine Bar und besäuft sich...

[idaho]

Hi,

eines, was bei dieser Folge gut rüberkam, war das Gefühl des völlig Ausgeliefert seins. Egal, wie haarsträubend die Vorwürfe sind, wenn der „Ankläger“ am längeren Hebel sitzt, kannst du nichts machen und können deine Freunde nichts machen. Das daraus resultierende Gefühl der Hilflosigkeit kann ich gut nachvollziehen

Ein weiteres Plus: Die Vorbereitung der Folge der nächsten Woche, das Problem taucht da nicht völlig aus dem Nichts auf, sondern der Zuschauer erlebt einen Aha-Effekt.

Das Ambiente in der bar Happy Daze hat mir gefallen. Ich würde da nicht einkehren wollen, aber es passt gut zum häßlichen Teil der Raumstation

Das Verhältnis zwischen Garibaldi und Sinclair wird weiter gestärkt, man fragt sich, was passiert, wenn Garibaldi seine einzige Vertrauenperson an Bord verliert

Ebenfalls interessant: die ganze Folge dreht sich um den Besuch des Präsidenten, den man aber nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekommt. Eigentlich müßte der Präsident seinen Publicity-Berater auf der Stelle feuern, die ganze Tour hat ja nur den Zweck, das er sein Gesicht in die Kamera halten kann

Ein weiteres Detail: das holografische Ritterspiel. Für diese Zeit ein interessantes Experiment und der Versuch, dem Casino neben den üblichen Vergnügungen, die es auch in unserer Gegenwart auf der Erde gibt, eine mehr futuristische Attraktion zu verpassen

Negativ: wie schon von anderen angesprochen: der Racheengel und sein Kreuzzug passt gar nicht, überhaupt, das ganze Militär, soweit es nicht von Babylon 5 stammt, macht einen entsetzlich arroganten und unfähigen Eindruck. Das ist genau wie die Beauftragten der Föderation bei Star Trek Klassik, das waren ebenfalls durch die Bank weg unfähige Egomanen. Man fragt sich, wie die Jungs und Mädels irgend etwas auf die Reihe kriegen, wenn nicht Sinclair in der Nähe ist, um die Situation zu retten. Gutes Storytelling geht anders, da setzt man dem Helden einen gleich starken Hauptakteur gegenüber, der nicht kraft Drehbuch unterlegen und ein Idiot ist.

Im Endeffekt eine Folge, deren Plot zwar haarsträubend ist, deren Ausführung und Stimmung – vor allem von Garibaldi und Sinclair – mir aber doch gefallen hat

Ciao
ralf